Rechtsprechung: Verurteilung von Journalisten wegen Verletzung der Privatsphäre war konventionswidrig (21.03.2015)

Mit dem Urteil 6B_225/2008 verurteilte das Bundesgericht im Herbst 2008 vier Medienschaffende wegen unbefugtem Aufnehmen von Gesprächen für eine im Jahr 2003 ausgestrahlte Sendung im Konsumentenmagazin "Kassensturz". Es kam zum Schluss, dass das mit versteckter Kamera aufgenommene Gespräch mit einem Versicherungsberater für die kritische Berichterstattung nicht erforderlich gewesen sei. Die dagegen von den verurteilten Journalisten erhobene Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde nun mit Entscheid 21830/09 vom 24. Februar 2015 gutgeheissen. Weil das öffentliche Interesse an der Berichterstattung als gewichtig einzustufen sei, Eingriffe in die Meinungsäusserungsfreiheit bei Themen mit öffentlichem Interesse nur beschränkt zulässig sind, vorliegend der Eingriff in die Privatsphäre des betroffenen Beraters gering sei und die Aufnahme lediglich anonymisiert ausgestrahlt wurde, sei die Verurteilung der Journalisten unverhältnismässig und mit der Meinungsäusserungsfreiheit gemäss Art. 10 EMRK nicht zu vereinen. Daran ändere gemäss EGMR nichts, dass die gegen die Journalisten verhängten Strafen gering ausfielen.

Der EGMR bestätigt somit seine strenge Haltung hinsichtlich Einschränkungen gegen die Meinungsfreiheit. Während das Bundesgericht die Privatsphäre von versteckt gefilmten Personen höher einstruft, überwiegt für das EGMR die "public watch dog"-Funktion der Medien und lässt bei Themen mit hohem öffentlichem Interesse den Einsatz von versteckten Aufnahme für journalistische Zwecke ausdrücklich zu.